Aktuell: Linux Audio goes professional
Man scheint sich zu fragen, was der Kaputte und alles, was da so dran hängt, grad so treibt, dazu an dieser Stelle hier mal ein paar Worthülsen zu meinem aktuellen Softwareprojekt:
CALF Audiosuite
Wie schon wo auch immer angekündigt, bin ich mit meinem Studio nun endgültig komplett auf Open Source umgestiegen, was jetzt nicht gerade Vergnügungssteuerpflichtig war – bei den Ansprüchen. Aber – was soll ich sagen – im Großen und Ganzen ist schließlich nun so gut wie alles nach einigen Wochen Rumeierei unverhältnismäßig viel besser, als mit dem ganzen kommerziellen Krimskrams unter dem Redmonder Treppenwitz zuvor. Linux Audio ist (abgesehen vom Betriebssystem, was eh schon nicht zu vergleichen ist) mit Jack, Ardour, Rosegarden, Hydrogen und Fraktionsmitgliedern (bzw. hier) schon so unglaublich weit vorne, dass man kaum glauben kann, mit was man da jahrelang freiwillig für scheißteuer rumgehühnert hat.
Okay, Ardour dazu zu bringen, mit LV2 rumzumachen, kann schon abenteuerlich sein, deshalb habe ich das gleich mal im Ubuntuusers-Wiki zusammengefasst.
Einen Haken hat der ganze Spaß allerdings noch: Es hapert an amtlichen Effektprozessoren. Wichtigstes Beispiel: Es hat zwar mit JAmin einen Masteringprozessor, allerdings ist der a) unglaublich leistungshungrig und b) umständlich, da extern – man kann einen Track nicht exportieren, sondern muss ihn in Echtzeit aufnehmen – knackfrei, hahaha. Die LADPSA-Plugins (sowas wie VST) sind zwar zahlreich und qualitativ auch meist hochwertig, allerdings vollkommen userunfreudlich und es fehlen oft essentielle Funktionen oder aufwändigere Konstellationen. Also war klar, dass mindestens noch ein Multibandkompressor her muss.
Seit kurzem gibt es einen neuen Plugin-Standard, LV2. Ein großartiges Konzept, wenn man um die Funktionsweise von diesem ganzen Audioquatsch weiß, auf jeden Fall aber mit komplett individueller Benutzeroberfläche (und damit Interaktionsmöglichkeiten). Also hab‘ ich mich auf die Suche begeben, ob es schon irgendwo einen Satz Plugins gibt, der Filter und eine Kompressorroutine bereit stellt und eine grafische Oberfläche besitzt – und bin dabei auf das CALF-Paket gestoßen. Das war so Herbst/Ende letzten Jahres. Krzysztof Foltman, der Initiator und Hauptentwickler von dem Projekt hat sich da wirklich was Feines aus den Fingern geproggt, was das Framework angeht – allerdings (für mich vollkommen neu) in C++ und mit einer Abstraktion, dass es mir erstmal drei Wochen am Stück das Hirn gegrillt hat, bis ich ansatzweise gepeilt hatte, was der Vogel da treibt.
Naja und als ich das dann langsam geblickt hatte, ging das plötzlich irgendwie wie von selber… Ich hab‘ mich dann mit Krzysztof in ewig langen Mails auseinander gesetzt und er hat mich nach allen Möglichkeiten unterstützt, so dass wir gerade dabei sind, CALF auf ein neues Level zu heben. Da er aktiv im Channel #LAD (Linux Audio Developer) am Start ist, hat er den Krams da direkt mal vorgestellt und man hat sich wohl begeistert drauf gestürzt. Auf jeden Fall lässt man mir danken *^^* und einige sind dann auch gleich mal wieder an ihre Projekte dran (von GStreamer hab ich gehört und Krzysztof wollte noch die Ardour-Jungs an den Start bringen zwecks einiger Ideen). Und ich hab‘ fleißig zu der vorhandenen Palette ein Studioplugin nach dem anderen rausgehaun.
Als dann langsam alles an Kompressoren und EQ’s zusammen war, was ich so brauche, kam der Wunsch nach Bass-Enhancement und Exciter und so Krams auf. Was natürlich dann auch gleich Dinge wie Sättigung, Röhrenverzerrung und so klar macht. Also musste eine amtliche Verzerrer-Routine her, die es in CALF bis dato noch nicht gab. Genommen habe ich dann die wirklich einmalig gute aus dem TAP-Paket von Tom Szilagyi – Problem war nur, dass CALF unter LGPL und TAP unter GPL veröffentlicht ist. Tom hat aber dankenswerter Weise vor ein paar Tagen die Routine für CALF freigegeben und mir alle Unterstützung zugesagt (und auch schon gegeben).
Bislang gab es in dem CALF-Paket eine Hammond-Orgel (B4-like aber mit Zugriff auf alle Oszillatoren-Einstellungen), einen Monosynth, einen Sound-Font-Sample-Player, Kompressor, Rotary-Speaker (Lesley), Reverb, Vintage-Delay, Phaser, Multichorus, Filter und Filterklavier unter einer benutzbaren Oberfläche. Progger sind idR nicht so die Grafiker…
Ich hab‘ das Paket jetzt noch erweitert um Sidechain Kompressor (mit Split-Mode und zwei Filtern im Sidechain), Deesser (auch Split und 2 Filter), 4-bandiger Multibandkompressor, Exciter, Bass-Enhancer, Saturator (universeller Verzerrer, der alles kann), Pulsator (Stereo-LFO-Wabbelkiste für Autopan, Stereo- und Vibratoeffekte), 3 Equalizer (5-, 8- und 12 Band), aber vor allem einer komplett neuen Benutzeroberfläche mit neuen Widgets und neuen Funktionen.
Ein paar der Plugins des neuen CALF Pakets
Es fehlt grad vor allem noch ein Satz Noisegates (Standard und Sidechain), wobei da wohl jemand (aus #LAD?) dran und so gut wie fertig ist. Außerdem noch ein Multibandlimiter fürs Mastering, wobei der dreibandig auf dem Multibandkompressor basiert und ich nur noch die richtigen Werte rausfummeln muss – das geschieht grad bei Produktionen nebenbei. Außerdem will ich noch eine Band/Röhrensättigung und einen Gitarrenamp-Simulator haben, dann sollte eigentlich das volle Programm an professionellem Audiozeug am Start sein.
Klar fehlt mir dann noch ’ne ordentliche Homepage und die Manuals sind bislang nur halb fertig (und noch in meinem Kackenglisch). Wer einen Eindruck von dem ganzen Zeug haben möchte, kann sich in dem Paket einen Überblick über Funktionen und User-Interface machen.
Gibt da also insgesamt noch einiges zu tun, mein Wunschtermin für ’ne Stable Release ist Oktober.
Nebenbei pule ich grad noch ein wenig an der Ardour-Optik rum[1, 2, 3], aber nur unwesentlich – vllt. haben die Jungs da ja Bock drauf.
Naja und abgesehen von Open Source Software geht natürlich auch die Produktion am neuen JAMMIN*INC-Album weiter – jetzt endlich vollständig unter Linux. Das soll auch dieses Jahr raus – Schlaf und Geldverdienen ist eh vollkommen überbewertet.
Okay, soweit so gut – der Schmidt is am Machen, der Laden steht erstaunlicher Weise immer noch – und keine Sorgen:
traGtor (oder auch auf Deutsch) wird natürlich weiterhin betreut und gefixt ,)
4 comments on “Aktuell: Linux Audio goes professional”
Markus…
auch wenn ich, wenn ich ehrlich bin, nur die Hälfte wirklich verstehe (vielleicht nicht mal), bin ich – von dem, was ich verstehe – schwer beeindruckt.. !
Mach so weiter und ich steige definitiv auch um ..
Baby, du bist die Coolste Nerd-Sau der Welt !!
(bewusst mit Capital-C .. so als feststehender Begriff)
Bestes
Buddy
PS: und wenn dir mal die Ideen ausgehen sollten (Haha!) was noch zu schaffen wäre.. ich hätt jede Menge unerfüllte Software Träume.
Buddy…? Mann – Buddy!! .)
Du hier und nich im AppStore xD Das freut mich ja ma derbe, dass Du hier rein schneist! Echt ma. Auf Deinen Umstieg nagel‘ ich Dich fest (Nageln aber nicht wegen meiner unerfüllten Träume ehehe) – das Studio installiere ich Dir zur Release auch herzlich gerne höchst persönlich auf Deinem Alubomber (parallel zu Steve Jobs unerfüllten Träumen).
Muss mich die Tage voraussichtlich eh mal per Skype auf Deinem Monitor blicken lassen, freut mich aber wirklich sehr, hier was von Dir zu lesen.
Danke für die Blumen, Alter! Sehen uns, liebe Grüße gehen raus nach B, Markus.
Bist du noch dran am Projekt ? Wäre toll wenn du den aktuellen
Code mal hochladen könntest, ich würd’s gern schon mal ausprobieren.
Hab vor kurzem die Plugins von Invada und linuxDSP entdeckt,
wenn die hier noch dazukommen und Ardour 3 rauskommt,
braucht man echt kein anderes OS mehr.
Also fleissig weitermachen, ja .. ?!
Hey!
Grad ist der Krzysztof wieder verstärkt dran. Der baut gerade das gesamte Framework auf weniger Templating um, deswegen funktioniert da aktuell nix. Bissel Geduld noch…
Viele Grüße, Markus.